Bau- und Architektenrecht Die Abnahme im Bauvertrag
Die Abnahme im Bauvertrag ist ein Schritt von enormer Tragweite. Mit der Abnahme des Bauwerks ist das Bauvorhaben offiziell fertiggestellt und damit endet die Erfüllungsphase – also die eigentliche Bauphase – des Projektes. Das Bauwerk wird mit der Abnahme an den Bauherrn übergeben und damit beginnt die Gewährleistungsphase.
Was ist die Abnahme im Bauvertrag?
Die Abnahme ist ein formeller Akt, bei dem der Bauherr die erbrachte Bauleistung prüft und akzeptiert. Die Abnahme erfordert eine Billigung als zumindest im Wesentlichen vertragsgerechte Leistung. Dies setzt zugleich voraus, dass die Bauleistung im Wesentlichen erbracht sein muss. Das Vorhandensein und selbst die Rüge von Mängeln schließt die Abnahme nicht notwendig aus. Die Folgen der Abnahme treten damit auch bei einer Abnahme unter Vorbehalt protokollierter Mängel ein. In diesem Falle steht dem Bauherrn wegen der angezeigten Mängel ein Zurückbehaltungsrecht in einer angemessenen Höhe zu.
Rechtliche Bedeutung der Abnahme:
Die Abnahme hat rechtliche Konsequenzen für beide Parteien. Für den:die Unternehmer:in markiert die Abnahme den Zeitpunkt, ab dem er:sie seine:ihre Vergütung verlangen kann. Zudem beginnt ab diesem Zeitpunkt die Gewährleistungsphase, innerhalb derer der Bauherr Mängel am Bauwerk rügen kann. Für den Bauherrn wiederum bedeutet die Abnahme, dass er das Werk nun nutzen und übernehmen kann.
Die Bedeutung der Abnahme zeigt sich in zahlreichen Rechtswirkungen:
- Mit dem Ende der Erfüllungsphase folgt die Gewährleistungsphase mit der Pflicht des:der Unternehmers:in, Mängel im Rahmen der Nacherfüllungspflichten am abgenommenen Werk zu beseitigen.
- Mit der Abnahme wird die Vergütung des:der Unternehmers:in fällig, soweit dem Bauherrn eine prüffähige Schlussrechnung zugeht. Soweit Mängel an der Bauleistung bestehen, steht dem Bauherrn ein Zurückbehaltungsrecht in angemessener Höhe zu. Die Angemessenheit des zurückbehaltenen Betrages richtet sich nach Art und Umfang der jeweiligen Mängel und ist im Einzelfall abzuwägen.
- Mit der Abnahme erfolgt die Umkehr der Beweislast. Dies bedeutet, dass der:die Unternehmer:in vor der Abnahme die Mangelfreiheit seines Werkes zu beweisen hat und der Bauherr nach der Abnahme das Vorhandensein eines Mangels zu beweisen hat. Bei der Beurteilung eines Mangels kommt es immer auf den Zustand des Werkes bei der Abnahme an.
- Mit dem Beginn der Gewährleistungsphase beginnt zugleich die Verjährungsfrist für die Mängelansprüche zu laufen. Zu beachten ist weiter, dass nicht vorbehaltene Mängelansprüche und etwaig vereinbarte Vertragsstrafen mit der Abnahme verloren gehen, sofern kein Vorbehalt formuliert wird. Aus diesem Grunde ist ein akribisch geführtes Abnahmeprotokoll für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen unerlässlich.
- Mit der Abnahme des Bauwerks ist der Bauherr für das Bauwerk verantwortlich. Die Möglichkeit einer Beschädigung oder gar Zerstörung des Bauwerks durch äußere Einflüsse trägt dann der Bauherr.
Form der Abnahme
Das Gesetz kennt diverse Arten von Abnahmen. Die Form der Abnahme kann zwischen den Parteien vertraglich festgelegt werden. In der Regel erfolgt sie schriftlich, indem der Bauherr eine Abnahmeerklärung unterzeichnet. Es ist jedoch auch möglich, dass die Abnahme stillschweigend erfolgt, beispielsweise durch die tatsächliche Nutzung des Bauwerks oder durch schlüssiges Verhalten des Bauherrn. Je nach Art des Bauvertrages sind auch Teilabnahmen einzelner Leistungen denkbar.
Mängelrüge nach der Abnahme
Trotz sorgfältiger Prüfung können nach der Abnahme Mängel am Bauwerk auftreten. In solchen Fällen hat der Bauherr das Recht, innerhalb der Gewährleistungsfrist Mängel gegenüber dem:der Unternehmer:in geltend zu machen. Der:Die Unternehmer:in ist dann verpflichtet, die Mängel nach ordnungsgemäßer Anzeige zu beseitigen. Hier ist es ratsam, dem:der Unternehmer:in unmittelbar Fristen zur Nachbesserung zu setzen, damit etwaige weitere Gewährleistungsrechte geltend gemacht werden können.
Kann eine Abnahme verweigert werden?
Die Abnahme kann unter bestimmten Umständen verweigert werden. Der Bauherr hat das Recht, die Abnahme zu verweigern, wenn das Werk wesentliche Mängel aufweist. Des Weiteren kann eine Abnahme verweigert werden, wenn wesentliche Teile des Werkes fehlen oder noch nicht fertiggestellt sind. Dies betrifft insbesondere solche Teile, die für die ordnungsgemäße Nutzung des Bauwerks von Bedeutung sind.
Es gilt jedoch zu beachten, dass eine Weigerung der Abnahme stets begründet sein muss und nicht willkürlich erfolgen darf. Der Bauherr sollte daher alle relevanten Mängel und Verstöße dokumentieren und dem:der Unternehmer:in eine angemessene Frist zur vertragsgerechten Herstellung des Bauwerks setzen, bevor er die Abnahme verweigert.
Fazit
Die Abnahme im Bauvertrag ist ein wichtiger Schritt, der die rechtlichen Beziehungen zwischen Bauherrn und Unternehmer:in im Bauprojekt regelt. Sie markiert den Zeitpunkt, ab dem der:die Unternehmer:in seine:ihre Vergütung verlangen kann und der Bauherr das Werk nutzen kann. Die Abnahme sollte sorgfältig durchgeführt werden, um mögliche Mängel frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Aus diesem Grunde ist es ratsam, die Abnahmevoraussetzungen bereits bei Vertragsschluss ausführlich zu regeln, damit Komplikationen im Nachgang vermieden werden können.