Der Leasingvertrag - Ein Konstrukt zwischen Fluch und Segen
Leasing-Angebote hören sich attraktiv an. Doch bei der Rückgabe des Fahrzeugs gibt es für viele Leasingnehmer ein böses Erwachen.
Eine gute Alternative zum Autokauf ist für viele Menschen der Abschluss eines Leasingvertrages. Der Vorteil, der Leasingnehmer kann das Leasingfahrzeug nach zwei bis vier Jahren zurückgeben und das alte, geleaste Fahrzeug gegen ein neues Leasingfahrzeug „eintauschen“, indem ein neuer Leasingvertrag abgeschlossen wird.Das hört sich erst einmal gut an.
Doch bei Leasingrückgabe folgt für viele Leasingnehmer das böse Erwachen.
Im Folgenden möchte ich Sie gerne über die grundsätzlich bestehende Problematik informieren.
Das Leasingende
Am Leasingende hat der Leasingnehmer das Fahrzeug samt Schlüssel, Zubehör und Fahrzeugunterlagen herauszugeben. Dabei sind Einbauten und Zubehör vor der Rückgabe des Fahrzeugs zu entfernen. Dies gilt selbst dann, wenn die vorgenommene Veränderung werterhöhend ist (bspw. lackierte Türgriffe).
Bei Rückgabe des Fahrzeugs wird das Fahrzeug in der Regel durch einen Sachverständigen, den der Leasinggeber bestimmt, begutachtet. Bei der Begutachtung werden ein Rückgabeprotokoll sowie Fotos des Fahrzeugs gefertigt. In dem Protokoll wird der Zustand des Fahrzeugs festgehalten. Dieser Zustand stellt den Ist-Zustand dar.
Der Soll-Zustand
Welchen Zustand „soll“ das Fahrzeug am Leasingende haben? Dieser Zustand wird normalerweise in den Leasingbedingungen, welche zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer vereinbart werden, niedergeschrieben. Dort heißt es häufig:
„Das Fahrzeug hat sich zum Zeitpunkt der Rückgabe in einem unveränderten, dem Alter entsprechenden und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden, verkehrs- und betriebssicheren Erhaltungszustand zu befinden und darf keine Mängel und Schäden aufweisen. Normale Gebrauchsspuren gelten dabei nicht als Schäden“.
Dass diese Zustandsbeschreibung viel Raum für Uneinigkeiten und Diskussion bietet, lässt sich bereits fühlen. Manche Gerichte lassen diese Klausel wegen mangelnder Transparenz nicht gelten, der Bundesgerichtshof hat dies jedoch bislang nicht beanstandet.
Was sind normale Gebrauchsspuren?
Unter normalen Gebrauchsspuren verstehen sich grundsätzlich solche Spuren, die durch das Fahren und die normale Benutzung des Fahrzeugs entstehen. Beispielsweise kleine Kratzer an Türgriffen, Kofferraum und Tankdeckel, leichte Schrammen, kleine Steinschläge. Diese werden mit den normalen Leasingraten abgegolten.
Keine typischen, altersgerechten Beschädigungen sind zum Beispiel eingedellte Karosserieteile, verformte Abschlussbleche, verschrammte Stoßstangen, ungleichgemäße Bereifung, mit Getränkeresten oder Erbrochenem beschmutze Innensitze. Für solche Schäden muss bei Leasingrückgabe ein Minderwert an den Leasinggeber gezahlt werden.
Wie Sie merken, ist die Feststellung des nicht vertragsgemäßen Zustands schwierig.
Nach Rückgabe des Fahrzeugs werden viele Leasingnehmer zur Kasse gebeten und sollen Minderwerte an den Leasinggeber ausgleichen, da der Soll- vom Ist- Zustand abweiche.
Nachträgliche Instandsetzung?
Zu diesem Zeitpunkt kommt bei vielen die Frage auf, ob dem Leasingnehmer in diesem Falle nicht das Recht zusteht, die aufgeführten Positionen nachträglich instand zu setzen. Die Antwort lautet leider: Nein.
Die ordnungsgemäße Rückgabe des Fahrzeugs im vertraglich vereinbarten Zustand ist ein primär vertraglicher Erfüllungsanspruch. Der BGH hat hierzu in seiner Entscheidung, Urteil vom 17.07.2013, AZ.VII 334/13 ausgeführt, dass es dem Leasingnehmer unbenommen sei, sein Fahrzeug rechtzeitig vor dem Rückgabetermin vorzustellen und überprüfen zu lassen, um sodann vor dem Leasingende, also vor dem offiziellen Rückgabezeitpunkt, etwaige Schäden zu beseitigen.
Wer zur Rückgabe mit dem Fahrzeug antritt, kann nichts mehr ändern.
Gängige Praxis ist leider, dass häufig die Leasingnehmer mit vermeintlichen Ansprüchen der Leasinggeber konfrontiert werden, obwohl die aufgeführten Schäden bereits von den Leasingzahlungen gedeckt und nicht mehr gesondert erstattungsfähig sind.
Meine Tipps für Sie, um bei eventuell im Nachgang auftretenden Streitigkeiten eine bessere Ausgangsposition zu haben:
- Stellen Sie Ihr Fahrzeug vor dem offiziellen Leasingende vor und lassen den Zustand bewerten, damit Sie noch Nacherfüllungsarbeiten vornehmen können.
- Beauftragen Sie alternativ selbst einen Sachverständigen vor Leasingende mit der Erstellung eines Minderwertgutachtens (Vorteil: Beweissicherung; Nachteil: Kosten).
- Bleiben Sie bei Rückgabe und Erstellung des Protokolls anwesend.
- Nehmen Sie einen Zeugen zur Rückgabe mit, der bei Erstellung des Ist-Zustand-Protokolls anwesend ist.
- Von Barbara De Icco Valentino, Rechtsanwältin
Leonhard & Imig